Frühling Wunder über Wunder

Gerade im beginnenden Frühling werden die Wunder deutlich sichtbar.
Wir können beobachten wie aus einem kleinen Samen, den wir in die Erde geben, schon in den nächsten Tagen etwas empor sprießt. Ein schmaler, fast durchsichtiger Stiel, der sich ins Lebendige schlängelt, dem Licht entgegen und seiner Bestimmung als Pflanze.
So war es vor ein paar Tagen in meiner Küche, als ich beobachtete, wie sich zu meiner großen Freude, eine zarte Ranke aus dem Samen, den ich eine Weile zuvor ins Moos gelegt hatte, erschien. Ein kleines Geschöpf, neu geboren, in sein Leben tretend, sich entfalten werdend. Etwas, das ganz einfach seiner Bestimmung ausgeliefert und von ihr angetrieben wird.
In den nächsten Tagen geschah gar nichts weiter. Die kleine schwarze Kapsel am Ende des Stiels öffnete sich nicht. Ich machte mir Sorgen, dass sie sich zurückziehen würde oder eingehen könnte. Also würde ich etwas unternehmen müssen und versprach dem kleinen Trieb, ihn in ein größeres Gefäß umzupflanzen. Es war ein Versprechen so wie ich einem Kind etwas verspreche. Das ist dann nicht mehr zu verdrängen, es muss eingelöst werden. Also tat ich es. Ich gab auch noch andere Samen der gleichen Art hinzu. Es vergingen zwei Tage, da bemerkte ich erste Stiele. Sie wuchsen rasch von Tag zu Tag und schossen in die Höhe. Ihre schwarzen Knospenköpfe entfalteten grüne zarte Blätter. Und was ist mit meinem kleinen ersten Pflanzversprechen? Nix. Nach wie vor steht dieser Trieb in der Mitte. Die anderen Pflänzchen um sie herum. Klein, unentfaltet, wie die Tage davor. Was ist los? Wieso wird sie nicht größer? Ich weiß es nicht.
Die Kleine war die erste, die da war und mir kommt es so vor, als sei das ihre anfängliche Aufgabe gewesen: sie rief die anderen herbei, oder vielleicht rief sie mich, damit ich die Samen, die seit Jahren unberührt in einem Körbchen lagen, nun mal endlich einpflanze? Bevor ihre Kraft und ihre Energien vertrocknen würden? Es kommt mir in den Sinn, dass sie den anderen den Vortritt gelassen und den Raum bereitete, damit sie da sein können und sich ins sichtbare Leben hineinausdehnen und wachsen würden. Damit die anderen ihrer innenwohnenden Verwirklichung Ausdruck und Erscheinung geben können.
Irgendjemand kümmert sich doch immer. Die Gärtnerin säht und gießt die Blumen, Wenn der Regen nicht kommt. Der Wind weht die Samen in die Erde, die Katze drückt sie mit ihren Pfoten in den Grund.
Alles hängt zusammen und was sagt mir das für mich selbst? Was sagt es dir, wenn du die aufplatzenden Knospen der Bäume und Pflanzen um dich herum siehst? Vielleicht hast du Lust, es auszuprobieren und dir Samen zu besorgen, einen einzupflanzen und zu schauen, was passiert?